Westbank: Hilft Israel den Palästinensern?

Israels Premierminister Benjamin Netanjahu redet gerne davon, dass er die palästinensische Westbank ökonomisch unterstützen will.

Denn das ist seine offizielle Haltung: Wenn man über den Verhandlungsweg nicht zu einem abschliessenden Ergebnis kommt, sollte die Palästinensische Autonomiebehörde einen “ökonomischen Frieden” anstreben.

Dabei kann und will Israel anscheinend helfen:

Der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu hat vorgeschlagen, dass die Palästinenser auf einen “wirtschaftlichen Frieden” hinarbeiten sollten, der schließlich zu einem allgemeinen Friedensvertrag führen würde.

Netanjahu hat Straßensperren aufgehoben und andere Beschränkungen im Westjordanland gelockert, um das palästinensische Wirtschaftswachstum zu fördern.

Abbas hat ein separates Wirtschaftsabkommen mit der Begründung abgelehnt, es würde eine Gesamtlösung verzögern.

Das hört sich nach einem plausiblen Angebot an.

Eine Linsensuppe gegen weitere Siedlungen

In Wahrheit ist es nur eine Verzögerungstaktik, die die weitere Besiedlung ermöglichen soll.

Für die Weltöffentlichkeit wird hier ein bisschen subventioniert, dort etwas investiert. Doch was Jerusalem mit der einen Hand gibt, nimmt es mit der anderen Hand doppelt zurück.

In letzter Instanz ist und bleibt das Ziel so viel wie möglich vom Westjordanland in Besitz zu nehmen, bevor man zu einem “final agreement” kommt.

Weit weg von Reuters, AFP, DPA und wie die Agenturen alle heißen, wendet Israel eine höchst effiziente  Abnutzungsstrategie an:

Straßen und Wege für die Einheimischen werden aus “Sicherheitsgründen” gesperrt (was genau diese Sicherheitsgründe sind bleibt stets offen).

Zusätzlich werden kostbare Wasserreservoirs zerstört.

Das soll die ansässige Landbevölkerung dazu bewegen, die Gegend zu verlassen.

Für diese Methode braucht es nicht viel: Ein Bulldozer und eine kleine Gruppe Soldaten. Nach wenigen Stunden sind Zufahrtswege gesperrt und Wasserzisternen vernichtet, die die Lebensgrundlage für 15 Familien sind. So erneut vor wenigen Tagen geschehen :

Die israelische Abnutzungsstrategie

Das Erfolgsgeheimnis hinter dieser Strategie ist so einfach wie wirksam:

Die ganz beiläufig vorgenommene  Zerstörung von Straßensperren und Wasserreservoirs wird vom Ausland nicht oder kaum wahrgenommen.

Doch diese Aktionen führen zwangsläufig zum Wegzug der Bewohner. Wie soll man ohne Wasser leben, Land bewirtschaften oder Vieh halten können?

Nachdem die Anwohner ihr Gebiet verlassen haben, können die Straßensperren beseitigt werden. Ohne Wasser werden die Bewohner ohnehin nicht zurückkehren.

Jerusalem aber wird erklären: Wir haben im letzten Quartal schon wieder ein Dutzend Straßensperren abgebaut!

Der Westen freut sich über jede israelische Geste

Und die Welt ist froh, dass Israel nicht so hart ist wie es manchmal den Anschein hat.

Und so berichtet das Auswärtige Amt entsprechend positiv:

Seit 2006 wächst das Pro-Kopf-Einkommen in der Westbank im vierten Jahr in Folge.

2010 soll das Wirtschaftswachstum nach IWF-Schätzungen 8 Prozent betragen (2009: ebenfalls 8 Prozent).

Der Abbau von Bewegungshindernissen durch die israelische Armee (laut VN-Angaben im Juni 2010 505, März 2009 noch 626 Hindernisse) sowie gestiegenes Vertrauen von Investoren haben zu dem Wachstum beigetragen.

Doch Wirtschaftswachstum und die oben genannte Taktik der heimlichen Vertreibung müssen nicht in Widerspruch stehen:

In den großen Zentren der Westbank wie Ramallah oder Tulkarem kann es sehr wohl signifikantes Wachstum geben. Dazu tragen die Bauern und Viehhirten in den ländlichen Gebieten wenig bei. Dort wird viel Selbstversorgung betrieben, dazu Naturalienhandel und in kleinem Umfang herkömmlicher Warenaustausch. Deshalb wird sich die Vertreibung dieser Bevölkerungsteile nicht in den Wirtschaftszahlen wiederspiegeln.

Das macht das Bild so trügerisch.

Die Situation mag von außen betrachtet positiv aussehen, obwohl Israel ungehindert fortfährt mit seiner Besatzungs- und Siedlungspolitik.

Irgendwann wird nicht mehr viel übrig sein, auf dem ein palästinensischer Staat gegründet werden könnte.

Die gutmeinenden westlichen Staaten werden sich dann in gespielter oder echter Naivität fragen, wie es nur so weit kommen konnte.

— Schlesinger

Photo:  US State Dep. (Wikipedia CC Lizenz)

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