Man muss eine Behauptung nur oft genug wiederholen. Irgendwann wird sie als wahr angenommen.
Dazu könnte zum Beispiel Präsident George W. Bush ein irakisches Requiem anstimmen mit der allseits bekannten Stelle “and weapons of mass destruction got he, the evil Saddam Hussein“, dessen Nachhall uns noch Jahre erhalten bleiben wird.
Die Behauptung der Hillary Rodham Clinton lautet “Die reiche Erfahrung der Hillary Clinton”.
CNN wollte es genauer wissen und hat sie zu Details befragt. Das Interview wird von der Chicago Tribune ausgewertet.
Man muss kein intimer Kenner der Clinton-Jahre sein, um zu wissen, dass es keine überragenden staatsmännischen Leistungen gab. Genau das legt das Interview schonungslos offen. Immerhin: Clinton hatte in dem Interview reichlich Gelegenheit, die Dinge aus ihrer Sicht darzulegen. Darin ist sie gescheitert, sieht man einmal vom rhetorischen Versuch ab, aus wenig viel zu machen.
Im Einzelnen sagte Clinton, sie habe:
- dabei geholfen, den Frieden in Nordirland wieder herzustellen (“helped to bring peace” to Northern Ireland)
- in Verhandlungen mit Mazedonien die Grenzöffnung erreicht, um Flüchtlinge aus dem Kosovo ins Land zu lassen
- sich in Fragen zu den Rechten von Frauen gegen die Regierung Chinas gestellt (“standing up” to the Chinese government)
- am Dayton Friedensprozeß zur Bosnien-Frage mitgewirkt
- sich für eine US Militärintervention in Ruanda eingesetzt, um den Völkermord zu stoppen
Das alles klingt gut, aber leider mangelt es an Substanz.
- Nordirland: Clinton hatte Frauengruppen zu mehr Aktivität ermuntert. Ein amerikanischer Diplomat bezeichnete diese Aktion immerhin als “hilfreich”, während der irische Historiker Tim Pat Coogan, der sich dem Thema Friedensprozess in Irland gewidmet hat, den Beitrag Clintons als “zweitrangig” bezeichnete. Es habe der Optik gedient (“It was part of the stage effects, the optics.“).
- Mazedonien: Die mazedonische Regierung hatte die Grenzen bereits einen Tag vor der Ankunft von Clinton geöffnet.
- Ruanda: Eine militärische US Intervention in Ruanda stand de facto nie zur Diskussion, gab ein ehemaliger Angehöriger des Nationalen Sicherheitsrates zu Protokoll. Selbst in den länglichen Memoiren von Bill Clinton oder der damaligen US Außenministerin Madeleine Albright wird Hillary Clinton in Zusammenhang mit Ruanda an keiner Stelle erwähnt.
- Erwähnenswert immerhin ist ihre Rede in Peking im Jahr 1995. Dort hat sie sich auf einer Veranstaltung der Vereinten Nationen nachdrücklich für die Rechte von Frauen stark gemacht. Jedoch: Das hat wenig mit “Erfahrung” , und schon gar nichts mit Krisenbewältigung zu tun. Man könnte es sogar mit den eigenen Worten Clintons klein machen, da es ja doch nur eine “schöne Rede” war.
- Bosnien: Es handelte sich um eine eintägige goodwill-Tour, die sie bezeichnenderweise zusammen mit der Sängerin Sheryl Crow und ihrer Tochter Chelsea durchführte
Vom einschlägigen Mißerfolg beim Versuch einer Neuregelung der Gesundheitspolitik in ihren White House Jahren soll hier gar nicht gesprochen werden.
Der Trumpf von Clinton scheint demnach weniger in tatsächlicher Erfahrung im Sinne von konkreten, erfolgreichen Beiträgen, als in dem psychologischen Vorteil zu liegen, dass sie immerhin 35 Jahre im Politbetrieb tätig ist. Das muss Erfahrung mit sich bringen, so sagt sich der Wähler.
Ein Kommentar auf der Chicago Tribune fasst es so zusammen:
“I had never heard of Hillary Clinton until she became first lady. It’s amazing that she demands proof from Obama but never give any proof of these 35 years of service on behalf of this country. I didn’t know that being first lady included making decisions on foreign affairs. However, we all know that during her 6 years as Senator she voted to invade Iraq. Why isn’t the media questioning these claims. It’s time for a reality check and a time line on these 35 years of events”
Vielleicht hat Hillary Clinton – so könnte man provozierend hart formulieren – 35 Jahre lang nur “viel mitgemacht”.
— Schlesinger
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