Bayerns Innenministerium sieht rechte Hetze entspannt

Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat bekannt gegeben, man habe eine Arbeitsgruppe eingerichtet um zu “eruieren” inwieweit islamophobe – manche sagen “islamkritische” – Seiten wie “Politically Incorrect” (PI) verfassungsfeindlich seien.

Auch ohne wissenschaftliche oder staatsrechtliche Analyse ist man geneigt zu sagen:

PI ist so verfassungstreu wie es die Reichswehr in Weimar war oder der Ku-Klux-Klan in Amerika.

Unsere Verfassungsschützer müssen aber noch anfangen zu “eruieren”.

Dabei zeigen sich regionale Unterschiede. Der Hamburger Verfassungsschützer spricht davon, gewisse Seiten hätten “ein gestörtes Verhältnis zum demokratischen Rechtsstaat”. Dort fänden sich “Angriffe auf die vom Grundgesetz geschützen Menschenrechte”.

Im bayerischen Innenministerium sieht man das Ganze noch entspannt. Die einschlägigen Seiten müssten erst “hinreichend verfassungsfeindliche Bestrebungen” zeigen, denn “bislang fällt das noch unter Meinungsfreiheit”. Übrigens hat sich die schwarz-gelbe Bundesregierung im vergangenen Herbst ähnlich geäußert.

Vielleicht ist die bayerische Nachsicht kein Zufall (oder ein CSUfall, immerhin meinte lange nach Franz-Josef Strauß auch Markus Söder sinngemäß, rechts neben der CSU dürfe keine Partei stehen).

Einer der prominenten Figuren auf PI ist der Münchner und ehemaliges CSU-Mitglied Michael Stürzenberger, der früher Sprecher von Strauß-Tochter Monika Hohlmeier war. Aus PI-internen Mails stammt seine folgende Anmerkung:

Meiner vollsten Überzeugung nach muss der Islam von allen Seiten angeschossen werden.

[Ich habe] tiefsten Hass auf diese Ideologie.

Der trefflichste Bestandteil dieser Bemerkung, die bei weitem nicht die aggressivste sein dürfte, ist das Wort “Hass”.

SA Mann, vor verhafteten Kommunisten
Gerne würden manche ihre "Staatsfeinde" wieder vor der Wand sehen...

Letztlich geht es nur darum: Hass. Es geht nicht um eine Auseinandersetzung oder gar etwas so zivilisiertes wie einen “Diskurs”. Es geht um Krieg gegen eine Religion:

Multikulturalismus ist Völkermord wie der Holocaust, nur subtiler.
[…]
Wenn der Islam nicht bekämpft und ausgerottet wird, ist das der Untergang der Zivilisation.
[…]
Es kann nur ein Ziel geben, die Ächtung dieses perfiden Mörderkultes, seiner Förderer und Kollaborateure.

Man muss kein Staatsrechtler sein, um annehmen zu können, dass solche Kommentare – die sich in Hülle und Fülle finden – das Grundrecht auf freie Religionsausübung ebenso in Frage stellen wie sie mit der Würde des Menschen unvereinbar sind, die demjenigen Menschen offenkundig genommen werden soll, dem man unterstellt, er sei Angehöriger eines “Mörderkultes”.

Die Münchner Staatsanwaltschaft jedenfall ist in Sachen PI aktuell wenig entspannt. Sie hat gegen Stürzenberger ein Strafverfahren wegen Volksverhetzung eingeleitet. Man darf auf dasErgebnis gespannt sein.

Man möchte am liebsten nichts zu tun haben mit dieser zugegebenermaßen abstoßenden Materie. Sich fernhalten. Das fällt aber schwer, nachdem man mit Blick auf das Zwickauer Mördertrio sieht, in welchem Umfang und in welcher “Qualität” die rechte Szene aktiv ist.

Man muss sich daher ermahnen lassen vom großen Otto Flake, der im April 1922 schrieb:

Ich gebe von vorn herein zu: ein geistiger oder sagen wir besser: ein geistig interessierter Mensch, ein Gebildeter muß sich nicht um Politik kümmern. Wenn einer der Händel und des Schmutzes überdrüssig wird uns sich auf seine Arbeit zurückzieht – in Gottes Namen. Ich sage gleichwohl: Ein geistig interessierter Mensch sollte sich um Politik kümmern. […]

Die menschlichen Werte wollen, wie die Muskeln des Körpers, geübt, sie wollen elastisch gehalten werden. Das Gute, das Anständige sind Opposition gegen Das, was geschieht, sie sind Widerstand, mit einem Wort: sie sind aktivistisch.

Man sieht wie ich Politik auffasse: als Mittel, die ewig bedrohten Werte zu schützen, als Waffe im Kampf um die Werte.

Der Schutz der religiösen Freiheit und die Garantie der körperlichen – sie mußten erobert werden, und sie müssen noch immer täglich bewacht werden.

Man muss aktivistisch sein.

Denn: Ein Hauch von spätem Weimar liegt überm Land.

— Schlesinger

Photo: Bundesarchiv, via Wikipedia (Commons Lizenz)

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