Rassismus in Israel – Zitate seit 1896

Rassismus in Israel

Der berühmte jüdische Psychoanalytiker Arno Gruen verfasste 2012 einen Beitrag zum Thema “Jüdische Identität”. Darin berichtete er über seinen Vater:

Man muss also differenzieren, was genau sich hinter dem Begriff „Jüdische Identität“ verbirgt.

Für meinen Vater zum Beispiel bedeutete jüdische Identität Verachtung für Nichtjuden.

Er wuchs in extremer Armut auf und musste schon als Achtjähriger in einem Klima des Antisemitismus in Polen für seine Mutter und Geschwister sorgen.

Seine Verachtung war gemischt mit einer unbändigen Kraft, die sich in körperlichem Mut gegenüber allen ausdrückte.

Er wurde ein erfolgreicher Geschäftsmann in Deutschland, und sein Erfolg beruhte zum Teil darauf, dass er genau wie Hitler in „Mein Kampf“ wusste wie man mit Verachtung umgeht.

Die Deutschen, selbst Nazis, liebten es so herablassend behandelt zu werden. Mein Vater war der starke Mann, dem sie sich ergaben.

Zitiert aus Hagalil.com

Verachtung, die man selbst erfährt kann sich offenbar niederschlagen in Verachtung für andere.

Wer über längere Zeit israelische Zeitungen liest wird verblüfft sein, wie verächtlich sich Leute in ganz unterschiedlichen gesellschaftlichen Positionen auslassen über Palästinenser und Araber, Nicht-Juden, orientalisch-stämmige Juden, Frauen oder Minderheiten im Land.

Nicht nur in jüngerer Zeit. Rassismus in Israel: Das mag unerwartet sein angesichts der rassistischen Erfahrung von Juden in Nazi-Deutschland und Europa. Trotzdem ist er allgegenwärtig.

Hier eine kleine Auswahl.

2020 – ex-Stabschef Nathan Eshel: Orientalische Juden hassen alles

Nathan Eshel, bis vor kurzem Stabschef von Premierminister Netanjahu, sagte im Frühjahr 2020 über Juden, die nicht aus Europa stammen (also Juden arabischer Herkunft, “Sephardim” oder “Mizrahim” genannt):

Sie hassen alles.

Aus diesem Grund fand Nathan Eshel die Wahlkampf-Kampagne Netanjahus gut. Dessen “Hass-Kampagne” sei gut geeignet, gerade diese Wählerschaft anzusprechen.

2020 – Gideon Levi (Haaretz): Israel nicht weniger rassistisch als USA

Gideon Levy von der Tageszeitung Haaretz fasst die Lage in Israel – im Black lives matter Jahr 2020 – zugespitzt so zusammen:

In Israel, einem Land, das nicht weniger diskriminierend und rassistisch ist als die Vereinigten Staaten und in dem in einem Teil seines Territoriums eine Militärdiktatur herrscht, gibt es keinen nennenswerten Protest gegen die Art und Weise, wie schwächere Menschen behandelt werden.

[Jüdische] Afrikaner werden ausgenutzt und Palästinenser erschossen, und mit Ausnahme einiger weniger Organisationen und einiger mutiger Bürger jubelt oder gähnt die Mehrheit.

2018 – Oberrabbiner Jitzchak Yosef: Schwarze sind Affen

Oberrabbiner Jitzchak Yosef meinte im März 2018 über “die Schwarzen”:

Schwarze sind wie Affen. (“kushi”)

Oberrabbiner Jitzchak Yosef, März 2018

Eine Frau ist doch kein Tier, sie muss ihre Würde wahren. Züchtig angezogen zu sein macht ihre Würde aus.

Man muss hier nicht erläutern, was das im Umkehrschluß bedeutet: Wenn sich eine Frau nicht “züchtig” anzieht, ist sie ein Tier…

2016 – Oberrabbiner Jitzchak Yosef: Nicht-Juden in Israel sollen Juden dienen

Oberrabbiner Jitzchak Yosef, März 2016

Nicht-Juden sollten nicht in Israel leben. […]

Wenn sie in Israel leben, dann nur um Juden zu dienen.

2016 – Revital Smotrich: Araber fassen meine Kinder nicht an

Die Ehefrau des Knesset-Abgeordneten und Ministers Bezalel Smotrich meinte in einem Fernsehinterview:

Ich will, dass nur jüdische Hände mein Baby anfassen.

Revital Smotrich

2015 – Ayelet Shaked: Palästinenser sind Mörder und Schlangen

Ayelet Shaked, israelische Justizministerin, bezeichnete 2015 alle Palästinenser pauschal als Mörder und Schlangen:

Sie alle sind feindliche Kämpfer, und ihr Blut soll auf all ihren Köpfen kleben.

Dazu gehören nun auch die Mütter der Märtyrer, die sie mit Blumen und Küssen in die Hölle schicken.

Sie sollten ihren Söhnen folgen, nichts wäre gerechter. Sie sollten ihnen folgen, und ihre Häuser sollen verschwinden, in denen sie die Schlangen aufgezogen haben.

Sonst werden dort noch mehr kleine Schlangen aufgezogen werden.

Diese Stellungnahme der israelischen Justizministerin folgte auf einen palästinensischen Anschlag, bei dem drei Israelis ums Leben kamen.

Nur: Eine Justizministerin muss sich an Recht und Gesetz halten. Shaked aber hat mit ihrem Kommentar öffentlich aufgehetzt und letztlich Rache gefordert.

Rache hat sich bekommen: Einen Tag später haben drei radikale Juden den 16jährigen palästinensischen Jungen Abu Khdeir entführt und lebendig verbrannt.

2014 – Desmond Tutu: Israel demütigt Palästinenser

Der frühere Erzbischof von Südafrika und Friedensnobelpreisträger Desmond Tutu sagte im März 2014:

Ich habe die systematische Demütigung palästinensischer Männer, Frauen und Kinder durch Mitglieder der israelischen Sicherheitskräfte miterlebt.

Diese Demütigung ist allen schwarzen Südafrikanern vertraut, die von den Sicherheitskräften der Apartheidregierung eingepfercht und schikaniert und beleidigt und angegriffen wurden.

Quelle: Jerusalem Post

2013 – Rabbi Eli Ben-Dahan: Jüdische Schwule haben höhere Seelen als Nicht-Juden

Rabbi Eli Ben-Dahan, früherer stellvertretendender Minister für Religionsangelegenheiten und bis 2019 stellvertretender Verteidigungsminister verachtet jüdische Homosexuelle, aber schätzt sie irgendwie höher als Nicht-Juden. Im Jahr 2013 machte er über die Seelen jüdischer Homosexueller im Vergleich zu ungläubigen Nicht-Juden folgende krude Aussage:

Sie haben höhere Seelen.

Eine gleichgeschlechtliche Ehe dürfe er, Ben-Dahan, aber trotzdem nicht unterstützen. Sie wäre gegen die Natur.

2011 – Prof. Dr. Nurit Peled-Elhanan: Israels Schulen lehren negatives Bild der Araber

2011 legte die israelische Sprachwissenschaftlerin Prof. Dr. Nurit Peled Elhanan eine umfassende Studie darüber vor, wie Palästinenser in israelischen Schulbüchern dargestellt werde. Sie kam zu dem Schluß, dass die Inhalte reaktionär sind und durchgehend darauf abzielen, bei den israelischen Schülern ein möglichst negatives Bild über Palästinenser zu erzeugen. Was in den Schulbüchern gezeigt wird:

Der Araber mit einem Kamel, in einem Ali Baba-Kleid.
Sie [die Lehrbuch-Autoren] beschreiben sie als abscheulich und abartig und kriminell, Menschen, die keine Steuern zahlen, Menschen, die vom Staat leben, Menschen, die sich nicht entwickeln wollen.

Sie werden nur als Flüchtlinge, primitive Bauern und Terroristen dargestellt.

Man sieht nie ein palästinensisches Kind oder einen Arzt oder einen Lehrer oder einen Ingenieur oder einen modernen Bauern.

2004 – Benny Morris: sperrt die Araber in einen Käfig

Der international renommierte israelische Historiker Benny Morris meinte 2004 über die Palästinenser:

Für sie muss so etwas wie ein Käfig gebaut werden.

Ich weiß, das klingt schrecklich. Es ist wirklich grausam. Aber es gibt keine andere Wahl.

Sie sind wilde Tiere, die auf die eine oder andere Weise eingesperrt werden müssen.

2002 – Oberst Ayal Karim: Vergewaltigung im Krieg erlaubt

Der frühere Oberrabbiner der israelischen Armee Oberst Ayal Karim schrieb im Jahr 2002 als Antwort auf die Leser-Frage eines Soldaten, ob man im Krieg Frauen vergewaltigen dürfe:

Der Krieg hebt einige der Verbote für sexuelle Beziehungen auf, und obwohl die Verbrüderung [eines Juden] mit einer nichtjüdischen Frau eine sehr ernste Angelegenheit ist [d.h. nach jüdischem Religionsrecht grundsätzlich verboten, Anm. d. Verfassers], wurde sie während des Krieges (unter den spezifischen Bedingungen) aus Verständnis für die Härte, die die Krieger ertragen mussten, erlaubt.

Und da im Krieg der Erfolg des Ganzen unser Ziel ist, erlaubte die Thora dem Einzelnen, den bösen Drang (yetzer ha’ra) zu befriedigen, unter den erwähnten Bedingungen, zum Zweck des Erfolges des Ganzen.

2002 – Premierminister a.D. Ehud Barak: Araber lügen unbedarft

Ehud Barak, der frühere israelische Premierminister, sagte 2002 über “die Araber”:

Die Araber sind Produkte einer Kultur, in der das Erzählen einer Lüge… keine Unstimmigkeiten schafft.

Sie leiden nicht unter der Lüge, wie es die jüdisch-christliche Kultur tut.

Gewinnt diese rassistische Meinung nicht eine besonders zynische Note angesichts der aktuellen, besonders guten Freundschaft zwischen Benjamin Netanjahu und Donald Trump? Über Netanjahu sagte der frühere französische Staatspräsident Sarkozy zurecht: “Ich kann ihn nicht mehr anschauen, er ist ein Lügner.” Und Donald Trump? Der Fact-check der Washington Post hat Stand Juni 2020 stolze 19.127 Lügen oder irreführende Aussagen Trumps gezählt…

1964 – Premierministerin Golda Meir: Orientalische Juden stecken im Mittelalter

Golda Meir, frühere Premierministerin Israels, über die jüdischen Immigranten aus Nordafrika. In einem Vortrag in England sagte sie:

Wir haben [jüdische] Einwanderer aus Marokko, Libyen, Iran, Ägypten und anderen Ländern mit einem Niveau wie im 16. Jahrhundert.

Wird es uns gelingen, diese Einwanderer auf ein angemessenes Zivilisationsniveau zu heben?

1950 – Premierminister David Ben-Gurion: Orientalische Juden sind Affen

David Ben Gurion, Staatsgründer von Israel und langjähriger Premierminister, nannte im Jahr 1959 jüdische Einwanderer aus Marokko “Affen” (Hinweis: europäisch-stämmige Juden werden Aschkenasim genannt):

Ein aschkenasischer Gangster, Dieb, Zuhälter oder Mörder wird weder die Sympathie seiner Gemeinschaft gewinnen, noch wird er sie erwarten.

Aber in einer solchen Primatengemeinschaft wie der der Marokkaner ist so etwas möglich.

1908 – Arthur Ruppin: Orientalische Juden haben niedriges moralisches Niveau

Arthur Ruppin war Anfang des 20. Jahrhunderts einer der führenden Köpfe der Zionistischen Bewegung. Am 27. Februar 1908 hielt er in Wien eine Rede zur Lage in Palästina. Die Geringschätzung der bereits im Land lebenden Juden kommt deutlich zum Ausdruck:

Die jüdische Bevölkerung Palästinas besteht aus drei verschiedenen Schichten.

Die erste besteht aus den sephardischen Juden, die seit Jahrhunderten im Land leben, sich in den Sitten und der allgemeinen Lebensweise eng an die einheimischen Araber angeglichen haben und neben Spanisch auch Arabisch sprechen.

Ein gutes Bild vom Leben dieser Juden vermittelt die Stadt Saida (das alte Sidon), in der 2000 Juden – allesamt sephardische – leben.

Sie erhalten keine Halukkah [Zuwendungen aus jüdischen Fonds], verdienen ihren Lebensunterhalt mit Mühe und Not als kleine Händler und Handwerker, sind schlecht ausgebildet und haben ein nicht besonders hohes moralisches Niveau.

Die Juden aus Marokko, Persien und dem Jemen, die in den letzten Jahren nach Palästina gekommen sind können mit dieser Gruppe in einen Topf geworfen werden.

1896 – Theodor Herzl: Orientalen sind Barbaren

Den überheblichen Tonfall hatte in gewissem Sinn schon der Mitgründer des politischen Zionismus vorgegeben. Theodor Herzl behauptete Ende des 19. Jahrhunderts in seinem Buch “Der Judenstaat – Versuch einer Lösung der Judenfrage” die Überlegenheit der europäischen Kultur im Vergleich zur orientalischen (und damit waren auch die orientalischen Juden gemeint):

Palästina ist unsere unvergessliche historische Heimat.[…]

Für Europa würden wir dort ein Stück des Walles gegen Asien bilden, wir würden den Vorpostendienst der Cultur gegen die Barbarei besorgen.

Rassismus, Diskriminierung von Minderheiten oder Schlechterstellung von Frauen gibt es nach wie vor nahezu weltweit.

Der Rassismus in Israel weist offenbar eine Besonderheit auf. Er umfasst Antisemitismus als inner-israelisches Problem. Denn Israel pflegt faktisch einen eigenen Antisemitismus, der sich gegen die eigenen “schwarzen” Juden richtet. Und das ist schon merkwürdig.

— Schlesinger

Leseempfehlung: Rachel Shabi: Not the enemy. Israels Jews from Arab Lands.
Ein Bericht über die systematische Schlechterstellung der nicht-europäisch stämmigen Juden in Israel. Aus der Beschreibung von Rachel Shabis Webseite:

Dieses Buch untersucht die Geschichte der Beziehung von den europäisch-stämmigen zu den nicht europäisch-stämmigen Juden und führt sie bis in die ersten Tage des neuen Staates Israel zurück. In einer Gesellschaft, die sich verzweifelt mit Europa identifizieren wollte, galten Einwanderer, die Arabisch sprachen und nahöstlichen Bräuchen folgten, als minderwertig.

Heute sind solche Vorurteile immer noch in Kraft. “Not the enemy” befasst sich mit der Frage, wie und warum die “schwarzen” Mizrahim/Sephardim auffallend weniger erfolgreich sind als die “weißen” Aschkenasim. Die Mizrahim haben eine oft unterdurchschnittliche Bildung, minderwertige Wohnverhältnisse und werden für ihren Akzent, ihren Geschmack und ihren Lebensstil verspottet. Das schadet nicht nur deren Leben und Hoffnungen, sondern ist auch Ausdruck einer umfassenderen israelischen Ablehnung des Nahen Ostens und seiner Kultur, die es Israel unmöglich macht, sich jemals in seiner eigenen Region zu integrieren.

Photo: Webseite Rachel Shabi

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