Waffenruhe: Ist Netanjahu noch jüdisch?

Nach 50 Tagen Krieg schweigen die Waffen.

Israels Regierungschef Benjamin “Bibi” Netanjahu hat der unbefristeten Waffenruhe mit Hamas zugestimmt.

Dabei hat Netanjahu sein Sicherheitskabinett übergangen. Die Hälfte hätte sich wohl dagegen ausgesprochen. Allen voran Wirtschaftsminister Naftali Bennett und Außenminister Avigdor Lieberman.

Wie weit Israel auf die Forderungen von Hamas eingeht – Öffnung der Grenzen, Ausdehnung der Fischreizone, Hinnahme eines Flug- und Seehafens für Gaza -, wird sich erst in den nächsten Wochen und Monaten zeigen, wenn darüber verhandelt wird. Die Vereinbarung zur Waffenruhe sagt darüber nichts aus.

Der Krieg hat für Gaza katastrophale Folgen. Aber Israel wurde von Hamas schwerer getroffen denn je. Mehr Raketen sind weiter ins Land geflogen als bei früheren Kämpfen. Offenbar wollte Netanjahu nicht mehr Verluste an Mensch und Material hinnehmen.

Nun hat er sich also auf einen Handel mit Hamas eingelassen. Das würde er nie so bezeichnen. Tatsächlich geht es aber genau darum.

Ist Waffenruhe, sind Verhandlungen jüdisch ?

Netanjahu hatte einmal eine genaue Vorstellung davon, was es bedeutet jüdisch zu sein. Oder anders: Er wußte genau, wer keine echt jüdische Gesinnung hat: Die Linke. Die ist so naiv und nimmt an, man könne mit den Arabern verhandeln, die Waffen ruhen lassen, Frieden bekommen. Diese Einstellung ist unter Konservativen oder Rechten in Israel weit verbreitet und daher nichts Besonderes.

Bibi ging in seiner Kritik aber weiter. 1997 war er in seiner ersten Amtszeit und zum Geburtstagsfest des greisen Rabbi Kadouri eingeladen. Netanjahu raunte seinem Gastgeber und Nebensitzer zu – während ein Mikrofon noch eingeschaltet war:

Diese Linken haben vergessen was es bedeutet jüdisch zu sein.

Das war offenkundig auf Sicherheitspolitik bezogen und sollte besagen: Jüdisch sein heißt realistisch sein. Realistisch sein heisst: Den Arabern nicht trauen. Und: Hart sein gegen die Araber.

Nimmt man Netanjahus eigenen Maßstab um sein heutiges Vorgehen zu werten könnte man beinahe sagen er ist selbst irgendwie “unjüdisch” geworden.

Den Ton der Kritik gibt Hardliner Avigdor Lieberman vor:

As long as Hamas rules in Gaza, it will be impossible to guarantee security to Israeli citizens and impossible to reach a diplomatic agreement.

Hamas is not a partner for any arrangement, be it diplomatic or security-related.

It’s impossible and forbidden to rely on worthless murderers.

Lieberman sagt damit: Für Regierungschef Netanjahu muss der Umgang mit den “wertlosen Mördern” der Hamas “unmöglich” und “verboten” sein.

Auch Yuval Diskin, früherer Chef des Inlandsgeheimdienstes Shin Bet zeigt sich erbost über Netanjahus Schritt:

After 70 Israeli casualties, over 2,100 dead Palestinians and 50 days of fighting, and without the cabinet discussing or authorizing an agreement, the Israeli public has the right to an explanation regarding the ceasefire, and the political leadership has a responsibility to supply it.

Nun ist es nicht so, dass Netanjahu weich geworden ist. Er ist auch nicht zum Linken geworden.

Es gibt nur immer mehr, die ihn rechts überholen.

Und: Unjüdisch ist Netanjahu ebenso wenig wie die, auf die er einst seinen Kraftspruch gemünzt hat. Es geschieht ihm allerdings recht, wenn ihn seine eigenen kruden Sprüche einholen.

* that left-wingers “have forgotten what it means to be Jewish.” (JTA)

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