Wenn ich jetzt Ahmadinedschad wäre

Im Sommer gehen meine Landsleute zur Wahl. Ich möchte wiedergewählt werden. Meine Bilanz ist mässig. Bislang konnte ich mich prächtig profilieren, indem ich als islamischer Underdog dem amerikanischen Satan trotzte.

Das konnte schon der Ägypter Gamal Abd-el-Nasser gut: Wer einem Großen widersteht, kommt bei den Schwachen gut an. Was im Kino zieht, zieht auch im wirklichen Leben.

Jetzt kommt dieser Schwarze, dieser Obama, und macht einen auf neue Freundschaft. Pah. Zwar hätte ich nie und nimmer geglaubt, dass ein Neger amerikanischer Präsident werden könnte, aber …. na ja, die Amerikaner sind einfach unberechenbar.

Dumm ist, dass meine Iraner noch immer eine beachtliche Schwäche für alles amerikanische haben. Da habe ich nur einen Trost: Sie hassen wirklich die Israelis. Damit habe ich einen guten Hebel. Ich muss nur immer die Amerikaner in einem Atemzug mit den Juden verwenden, dann kann ich das meinen Landsleuten einigermaßen gut verkaufen.

Diese friedlichen Töne aus Washington helfen mir jedenfalls nicht weiter, wenn ich wieder Präsident werden will.

Wenn ich jetzt den Handschlag annehme, den mir der Amerikaner angeboten hat, dann, ja dann werden alle auf die Lage daheim schauen. Das käme mir gar nicht gelegen. Die Atomanlagen sind ja nicht schlecht. Aber wenn wir sie einfach ganz normal betreiben können, verpufft der ganze Glanz. Ist ja schließlich nur eine andere Art von Industrieanlage. Interessant ist [die Atomanlage] Natanz nur, solange der Westen Atomwaffen dahinter sieht. Wenn die Amerikaner jetzt plötzlich so tun, als interessiere sie das Ganze nicht mehr, hab ich nichts mehr davon. Außer den Atomanlagen und neuen Raketentypen? Die Arbeitslosigkeit und Armut auf dem Land ist nicht so, wie sie sein sollte. Überhaupt geht es dem Land angesichts unserer erheblichen Ölprofite nicht so gut, wie jedermann es erwarten kann.

Mir scheint, Ruhe mit Washington bringt mir rein gar nichts. Was tun?

Einfach die Konfrontation aufrecht erhalten geht nicht, das wäre zu offensichtlich. Ich muss wenigstens vordergründig auf die ruhigeren Töne aus Washington eingehen.

Wie komme ich aus dieser Klemme?

Es muss etwas sein, wofür ich mich nicht selbst als Spielverderber hinstellen lassen muss. Etwas, das mir Anlass gibt, die Beziehungen weiterhin mindestens kühl zu belassen, aber ohne selbst schuld zu sein.

Die Amis müssen schuld sein.

Wie? Ganz einfach: Sie spionieren.

Wegen Spionage ist eine amerikanisch-iranische Journalistin in Teheran zu acht Jahren Haft verurteilt worden. Der Fall droht die jüngste politische Annäherung zwischen den USA und dem Iran zu überschatten.

Die 31-jährige Journalistin, die sowohl die iranische als auch die US-Staatsbürgerschaft besitzt, war im Januar festgenommen worden. Seitdem sitzt sie im berüchtigten Ewin-Gefängnis in Teheran. Ursprünglich hatten ihr die iranischen Justizbehörden vorgeworfen, Alkohol gekauft zu haben – was in dem streng islamischen Land verboten ist. Im März hatten die iranischen Behörden erklärt, Saberi sei 2006 der Presseausweis entzogen worden. Seitdem habe sie illegal als Journalistin im Iran gearbeitet. Später wurde ihr vorgeworfen, unter dem Deckmantel ihrer Reportertätigkeit für die USA spioniert zu haben.

Bestens! Eine inhaftierte Spionin amerikanischer Herkunft werden sich die Amis nie und nimmer gefallen lassen! Können sie gar nicht! Sie werden uns irgendwie drohen, etwas fordern, verlangen!

Wir werden, können natürlich nicht darauf eingehen. Damit sinken die Temperaturen wieder Richtung Gefrierpunkt. Aber wir können schließlich nichts dafür, wenn die amerikanischen Teufel bei uns spionieren. Die von Bush schwer geplagten liberalen Linken in Europa werden uns gewiß verstehen.

Schau, Welt, sage ich nur, Obama redet nur schön, aber schickt schon wieder seine Spione los…

Ob die kleine Halb-Amerikanerin spioniert hat oder nicht ist mir völlig egal. Sie kann als Frau nicht einmal in die Nähe von Staatsgeheimnissen gekommen sein. Es wäre ja auch ein Leichtes für mich, die Sache, wäre denn etwas dran, unter den Tisch fallen zu lassen. Was ist denn eine mickrige Spionagesache gegen die Chance, mit Amerika wieder ins Reine zu kommen? Nichts. Nur: Das wäre ja kontraproduktiv für mich. Also muss die Spionagesache möglichst groß ausgebreitet werden. Und je empörter der Westen reagiert, umso besser für mich. Denn dann kann ich wieder darauf mit Wut reagieren.

Ach, Ihr Westler, was Ihr in punkto Intrigen könnt, können wir schon lange. Aber das behalte ich für mich.

— Bigdaddy alias Mahmud Ahmadinedschad

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